Polnische Handwerker in Deutschland
polen-rundschau - August 2006
Wir sind ein mittelständischer Baubetrieb aus dem süddeutschen Raum. Wir sind ständig auf der Suche nach versierten Handwerkern, die für uns Ausbauarbeiten übernehmen können. Dürfen wir für diese Ausbauarbeiten polnische Handwerker bei uns anstellen?
Im Arbeitsverhältnis dürfen Sie die Leute nicht anstellen, es sei denn dass Sie für diese eine Arbeitserlaubnis erlangen. Aber das ist zurzeit so gut wie aussichtslos. Das liegt darin begründet, dass es im Verhältnis zur Bundesrepublik für polnische Handwerker EU-Übergangsfristen gibt. Diese Übergangsfristen wird die Bundesrepublik vermutlich vollständig ausschöpfen. Das bedeutet, dass es wohl bis 2011 nicht möglich sein wird, polnische Handwerker als Arbeitnehmer anzustellen.
Sie können aber die polnischen Handwerker als Subunternehmer beschäftigen. Das Zauberwort für die Baubranche heißt: "Selbstständigkeit". Das ist völlig legal. Denn nach dem EU-Beitrittsvertrag dürfen polnische Selbständige aus der Baubranche, solange sie kein Personal einsetzen, grenzüberschreitend Aufträge in der Bundesrepublik ausführen.
Natürlich versucht die deutsche Verwaltung, dem auf jede denkbare Art und Weise entgegenzuwirken. Wie Sie vermutlich wissen, sind ca. 7.000 Zollbeamte, die bisher an der deutsch-polnischen und der deutsch-tschechischen Grenze stationiert waren, zur "Innenkontrolle" versetzt worden. Und diese Zollbeamten lassen nichts unversucht, damit die polnischen Handwerker ihre Tätigkeit nicht ausüben könnten. Das häufigste Mittel ist hierbei, Fehler rein formeller Natur ausfindig zu machen und dagegen Einwände zu erheben. Denn gegen diese lässt sich schlecht etwas entgegenhalten. Zum Beispiel: Wenn der deutsche Auftraggeber und der polnische Handwerker keinen schriftlichen Subunternehmervertrag geschlossen haben, dann wird gleich seitens der Zollverwaltung behauptet, die Parteien würden sich in einem Arbeitsverhältnis befinden. Dass es sich tatsächlich um einen Subunternehmerauftrag handelt, müssen die Parteien dann selbst beweisen. Ist dagegen ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen worden, dann sucht die Zollverwaltung nach jedem kleinsten Fehler, damit sie den Vertrag als einen Arbeitsvertrag einordnen oder dem polnischen Handwerker die sog. Schein-Selbständigkeit nachweisen kann. Solange bis der Handwerker, bzw. sein deutscher Auftraggeber, den Gegenbeweis geführt hat, sei die Baustelle stillzulegen – so der Zoll.
Daher beruht die Kunst in diesen Angelegenheiten darauf, die Auftragsausführung in formeller Hinsicht perfekt vorzubereiten, d.h. beispielsweise die Verträge so zu entwerfen, dass keine Bedenken gegen diese entstehen können (optimal sind hierbei zweisprachige Verträge auf Deutsch und Polnisch); den polnischen Handwerker in allen erforderlichen Institutionen und Behörden anzumelden, damit der Zoll später nicht vorwerfen kann, im Hinblick auf die fehlende Anmeldung dürfe der Auftrag nicht ausgeführt werden (die meisten Anmeldungen sind dabei reine Formalität und ohne größere Probleme zu erwirken); die Fragen der Fortwirkung der polnischen Sozialversicherung in Deutschland zu klären und entsprechende Bescheinigungen zu erlangen usw. Die wichtigste Phase der Einschaltung von polnischen Handwerkern ist daher die Vorbereitungsphase. Wenn diese einwandfrei durchgeführt worden ist, kann auch bei der Auftragsausführung nichts passieren, weil der Zoll nichts vorzuwerfen hat und die Baustelle unverrichteter Dinge verlassen muss. Ich kann mich bei dieser Aussage auf persönliche Erfahrung stützen, denn ich habe in meiner Praxis schon unzählige polnische Handwerker und deren deutsche Auftraggeber unterstützt.
Die im zweiten Absatz gemachte Aussage, dass die polnischen Handwerker aus der Baubranche kein Personal einsetzen dürfen, erhält in der Praxis auch einige Einschränkungen. Bei gezielten Maßnahmen ist es nämlich durchaus möglich, legal auch einen ganzen Bautrupp arbeiten zu lassen.