Arbeitsverhältnisses in Polen
Die Anbahnung eines Arbeitsverältnis in Polen
polen-rundschau – Mai 2006
Ich habe vor, in Polen eine Firma zu gründen. Für den Anfang möchte ich voraussichtlich 10 Personen anstellen. Welche Unterlagen darf ich von einem Stellenbewerber verlangen, welche Fragen darf ich ihm nach polnischem Recht in einem Vorstellungsgespräch stellen? Was muss ich bei der Anstellung beachten? Gibt es in Polen die Möglichkeit, einen Teil der Leute als freie Mitarbeiter zu beschäftigen?
Sie können vom Bewerber die Vorlage von Dokumenten verlangen, die für das künftige Arbeitsverhältnis von Bedeutung sind. Hierzu gehören Arbeitszeugnisse und Zeugnisse über den Erwerb beruflicher Qualifikationen. Auch der Personalfragebogen, der in der Regel Fragen zum Familienstand des Arbeitnehmers, zur Anzahl seiner Kinder, zu seiner Ausbildung, seinem beruflichen Werdegang und dem Ableisten der allgemeinen Wehrpflicht zum Gegenstand hat, ist vom Arbeitnehmer auszufüllen. Zur Frage, ob darüber hinausgehende Fragen zulässig und vom Stellenbewerber wahrheitsgemäß zu beantworten sind, existieren weder gesetzliche Regelungen noch eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung. Zu bejahen ist das wohl dann, wenn die Frage von grundlegender Bedeutung für das künftige Arbeitsverhältnis ist (z.B. Strafbarkeit wegen Verkehrsstraftaten bei einem Kraftfahrer).
Bei der Anstellung sollten Sie noch beachten, dass eine ausschließlich auf Geschlecht, Alter, körperlicher Behinderung, Rasse, Volkszugehörigkeit, Weltanschauung, Religion und Gewerkschaftszugehörigkeit beruhende Nichtanstellung eine unzulässige Diskriminierung. Das ist übrigens nicht anders als in Deutschland.
Sie sollten noch unbedingt beachten, dass jeder Arbeitnehmer verpflichtet ist, sich vor Arbeitsantritt einer medizinischen Untersuchung zur Feststellung der Geeignetheit für die auszuübende Tätigkeit zu unterziehen. Die Kosten der Untersuchung trägt der Arbeitgeber. Ohne ein entsprechendes ärztliches Attest dürfen Sie den Arbeitnehmer nicht tatsächlich beschäftigen.
Eine Pflicht des Arbeitgebers zur Rückerstattung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für das Vorstellungsgespräch besteht nicht.
Was die Beschäftigung als freier Mitarbeiter anbelangt, wird diese in Polen oft praktiziert. Oft wird nämlich in Polen statt eines Arbeitsvertrages ein sogenannter Auftragsvertrag (umowa zlecenia) abgeschlossen und so versucht, die zwingenden Bestimmungen des Arbeitsrechts (beispielsweise die Dauer der Probezeit oder die Kündigungsfristen) zu umgehen. Dies ist jedoch unzulässig. Der Arbeitgeber, der statt eines an sich erforderlichen Arbeitsvertrages einen anderen zivilrechtlichen Vertrag abschließt, kann mit einem Bußgeld bis zu PLN 5.000,- belegt werden, das von staatlichen Arbeitsinspektoren verhängt wird. Darüber hinaus gilt ein solcher Vertrag unabhängig von seiner zivilrechtlichen Bezeichnung von Anfang an als Arbeitsvertrag, so dass etwaige Umgehungsversuche nur so lange möglich sind, wie der Arbeitnehmer den Vertrag nicht beanstandet oder ein Arbeitsinspektor zur Kontrolle erscheint.
Zu den wesentlichsten Unterscheidungsmerkmalen des Arbeitsverhältnisses gehören – ähnlich wie im deutschen Recht – die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb. Daher ist für einen staatlichen Arbeitsinspektor relativ leicht festzustellen, ob in der betreffenden Situation ein Arbeitsvertrag hätte abgeschlossen werden müssen oder ein Auftragsvertrag (freier Mitarbeiter) zulässig war. Zwar wird die Anstellung als freier Mitarbeiter in Polen oft praktiziert, Sie sollten aber beachten, dass dies vor allem einheimische Firmen betrifft, die über entsprechende Beziehungen verfügen und daher von der Arbeitsinspektion nicht kontrolliert werden. Firmen mit ausländischen Kapital werden dagegen sehr gern von der Arbeitsinspektion kontrolliert. Ich würde daher an Ihrer Stelle auf die Beschäftigung der Leute als freie Mitarbeiter lieber verzichten, zumal Sie auch für diese Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen.