Strafrecht in Polen und der Verlauf des Strafverfahrens in Polen
Das Strafverfahren in Polen ist in drei Teile gegliedert: das Ermittlungsverfahren, das gerichtliche Hauptverfahren und das Vollstreckungsverfahren.
Das Ermittlungsverfahren wird von den Strafverfolgungsorganen entweder infolge einer Strafanzeige bzw. eines Strafantrags oder von Amts wegen eingeleitet. Die Ermittlungstätigkeit wird in der Praxis/in einfacheren Fällen durch die Polizei durchgeführt, in komplexeren Fällen liegt das Ermittlungsverfahren in den Händen der Staatsanwaltschaft. Das Vorverfahren ist in zwei Abschnitte unterteilt.
Im ersten, dem tatbezogenen Verfahrensabschnitt wird der Sachverhalt ermittelt, wobei die polnischen Strafverfolgungsbehörden zu bestimmen versuchen, ob Anhaltspunkte für die Begehung der Straftat vorliegen und es wird versucht die Frage zu klären, wer als Täter in Betracht kommen kann. In dieser Phase wird Beweismaterial in der Sache gesichert, beispielsweise in Form von Unterlagen und Fotos, und es werden Zeugen der strafbaren Handlung vernommen.
Wird im Rahmen der Ermittlungen in der Sache der Anfangsverdacht bejaht, kann zum zweiten, dem personenbezogenen Verfahrensabschnitt übergegangen werden. In dieser Phase wird der konkreten tatverdächtigen Person (dem Beschuldigten) die Begehung der Straftat vorgeworfen. Im Rahmen des gesamten Vorverfahrens hat der Beschuldigte nur eingeschränkte Akteneinsicht in der Sache und kann sich in der Regel nicht mit allen ihn belastenden Beweismitteln vertraut machen. Vollständige Akteneinsicht erlangt er erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens.
Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens erfolgt entweder die Einreichung der Anklageschrift beim Gericht oder – bei nicht hinreichendem Tatverdacht – die Einstellung des Verfahrens. Möglich sind jedoch auch andere Weisen der Beendigung des Ermittlungsverfahrens, z. B. durch Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung. Die Entscheidung hängt jeweils von der konkreten Situation in der Sache ab.
Das gerichtliche Hauptverfahren beginnt mit Vorlegung der Anklageschrift beim Gericht. Die öffentliche Klage wird in der Regel von den Strafverfolgungsorganen erhoben, es ist jedoch in bestimmten Sachen möglich, dass das durch die Straftat geschädigte Opfer die öffentliche Klage persönlich erhebt.
Das gerichtliche Verfahren ist zweistufig:
Dem Gericht der ersten Instanz obliegt es festzustellen, ob es tatsächlich zu einer strafbaren Handlung gekommen ist und ob diese von der in der Anklageschrift genannten Person (dem Angeklagten) verübt wurde. Der Wahrheitsfindung dienen die Gerichtsverhandlungen, in denen die Staatsanwaltschaft den Anklagevorwurf bekräftigt und der Angeklagte und dessen Verteidiger die Gegenargumente liefern. Das Gericht analysiert das in den Gerichtsakten befindliche Material, vernimmt Zeugen, hört den Angeklagten an. Dieser Verfahrensabschnitt wird abgeschlossen indem das Gericht eine Entscheidung fällt – entweder über den Freispruch des Angeklagten, die Einstellung des Verfahrens, die bedingte Einstellung des Verfahrens oder die Verurteilung des Angeklagten.
Das Rechtsmittelverfahren wird infolge einer Berufung oder Beschwerde derjenigen Verfahrenspartei eingeleitet, die das Urteil des Gerichts der ersten Instanz anficht und eine Abänderung dieser Entscheidung fordert. Auf dieser Stufe prüft das Berufungsgericht, ob die in der Sache erlassene Entscheidung ordnungsgemäß war. Anschließend entscheidet das Gericht per Urteil darüber, ob die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts bestehen bleibt, abgeändert oder aufgehoben wird.
In besonderen Fällen ist es auch möglich, sogenannte außerordentliche Rechtsbehelfe in Form der Revision durch den Obersten Gerichtshof oder des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens in Anspruch zu nehmen. Allerdings handelt es sich hierbei um Ausnahmefälle und sie lassen sich nicht in jeder Sache anwenden.
Das Vollstreckungsverfahren ist die letzte Phase des Strafverfahrens. Dieser Teil dient in erster Linie der Vollstreckung von rechtskräftigen Urteilen (z. B. durch Durchsetzung der Zahlung von Geldstrafen bzw. -bußen oder durch Vollstreckung von Freiheitsstrafen). Die Vollstreckung von Urteilen erfolgt entweder in dem Wege, dass sich der Verurteilte dem Urteil freiwillig unterwirft, oder wird – im Falle, dass der Verurteilte dem Urteil nicht freiwillig nachkommt – zwangsweise durchgesetzt.
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